Wenn die präfinale Unruhe nicht ruhen kann..🙁

…und das Fachpersonal auf einer Palliativstation wirklich alles in ihrer Macht stehende tut, um dem Patienten Linderung zu verschaffen, dann ist das besonders für den Patienten und seine Angehörigen eine kaum aushaltbare Situation. -(

So auch heute auf der Palliativstation der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden, wo es Fr. H. vom AZ (Allgemeinzustand) her von Minute zu Minute schlechter ging und ihre Unruhe scheinbar ins Unendliche stieg.

“Wir haben ihr schmerzlinderende und sedierend wirkende Medikamente gegeben und sie in eine “A-Lage” positioniert, damit sie so besser atmen kann” sagte mir mein Kollege heute morgen und an seinem Blick konnte ich sehen, wie gerne er Fr. H. mehr geholfen hätte.

Doch statt zur Ruhe zu kommen, bewegte sich Fr. H. immer mehr in ihrem Bett und dann, dann begann sie laut zu rufen.
Es hörte sich nach einem Namen an, doch egal, wie sehr wir uns auch alle bemüht haben, das gesprochene zu verstehen, es gelang uns einfach nicht.🙁

“Haben sie Schmerzen” wollte mein Kollege von ihr wissen, doch Fr. H. antwortete nicht.

“Weiß denn jemand, ob sie Hunde mag”? fragte ich alle anwesenden Kollegen/innen im Stationszimmer, doch da Fr. H. erst gestern aufgenommen wurde, konnte mir das leider niemand beantworten.

“Kann ich Ihnen weiterhelfen”, wollte ich von einem Besucher wissen, der auf einmal im Stationsflur stand und sichtlich belastet wirkte.

“Ich möchte meine Fruau besuchen” und erst da begriff ich – ich begrüßte gerade Hr. H. und stellte mich als “Hundetherapeutin” vor.

“Oh, meine Frau liebt Hunde über alles” sagte er im Flur und ein klienes Lächeln huschte über sein Gesicht.

Dann ging die Türe von ihrem Zimmer auf und die Chefärztin sowie mein Kollege kamen raus und auch sie begrüßten Hr. H. und hießen ihn willkommen.

Dann folgte ein Arztgespräch, indem Hr. H. erfuhr, wie es seiner geliebten Frau ging und nach dem Gespräch wirkte Hr. H. noch trauriger und konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten.

“Wie ist das denn möglich” wollte er von mir wissen und erzählze mir, “dass seine Frau noch vor ein paar Wochen völlig selbstständig war und er gestern noch lange mit ihr telefonierte”.

So ein Gespräch zu führen ist nie leicht und durch Corona leider zusätzlich massiv erschwert, denn durch die Pandemie fällt leider eines der wichtigsten “Hilfsmittel” für uns weg – das Umarmen, was für den Angehörigen in so einer dramatischen Situation sicherlich sehr hilfreich sein könnte.

“Gehen sie ruhig in das Zimmer ihrer Frau, ich hole nur Sissi und komme dann mit ihr nach” sagte ich zu ihm und sah, wie Hr. H. vor der Türe nochmals tief einatmete, so als ob er sich damit selber Mut einatmen wollte.

“Darf ich mit Sissi reinkommen”? wollte ich von Hr. H. wissen, als ich an der Türe klopfte, doch Hr. H. konnte in diesem Moment nur nicken, zu groß war sein Schmerz über den rapid schlechteren und dramatischen Verlauf seiner Frau in den letzten 24 Stunden. 🙁 .

“Sie ist genauso unruhig, wie in den letzten Nächte bei uns zu Hause” sagte Hr. H. auf einmal und durchbrach somit das Schweigen.

“Vielleicht kann Sissi sie ein wenig beruhigen” sagte ich und schaute nur in fragende Augen.

“Wie soll das denn gehen” wollte Hr. H. von mir wissen und ich erklärte ihm, dass Sissi quasi im Hospiz “ihre Lehre” gemacht hat und daher das Anforderungsprofil im palliativen Bereich zur genüge kennt.

“Wenn sie meinen, dann versuchen sie es gerne” sagte er und ich ergriff die Chance, um Fr. H. evtl. ein wenig Linderung zu verschaffen.
Ich legte ein Laken auf ihr Bett und sagte zu Sissi “Hopp”.

Und dann, dann legte ich die Hand von Fr. H. auf Sissis Fell und sie begann sofort, Sissi zu streicheln und von Minute zu Minute wurde Fr. H. zunehmend ruhiger und ruhiger, bis sie letztendlich entspannt wirkend mit Sissi im Arm einschlief. ❤

“Das ist ja unglaublich, wie ruhig sie geworden ist”, sagte Hr. H., immer noch sichtlich gerührt und hätte Sissi am liebsten dafür umramt. Stattdessen setzte er sich zu seiner Frau und an Sissis Seite und war einfach nur da, um seine geliebte Frau auf ihrer letzten Reise zu begleiten<3

Eine würdevolle Sterbebegleitung durchzuführen und dabei niemals die Angehörigen aus dem Blick zu verlieren, ist auch für uns als Fachpflegepersonal eine wahre Herausforderung, die ein hohes Maß an Wissen, Empathie und eigener Ruhe erfordern.

Doch für einen Hund, selbst für einen erfahrenen Therapiehund ist dies eine der “Königsdisziplinen”.

Gerade in so einer Situation benötigt der Therapiehund so viel Liebe und Vertrauen von seinem Besitzer, damit er diese so untypisch hündische Aufgabe überhaupt meistern kann.

Denn nur mit diesem unabdingbaren Fundament an Vertrauen kann ein Therapiehund “über sich hinaus wachsen” und einem sterbenden Menschen etwas schenken, was mit keinem Geld der Welt zu bezahlen ist – Ruhe, Trost und Entspannung in einer der schwersten Zeiten überhaupt.

Sissi hat heute auf der Palliativstation der HSK großartiges geleistet und wurde danach von all ihren zweibeinigen Kollegen/innen mit einer riesengroßen Portion Streicheleinheiten belohnt und von mir mit einem langen und abwechslungsreichen Spaziergangnach unserem Einsatz.❤

Sissi und Helga sind auf der Palliativstation ist so viel mehr, als nur Hunde, die vorbei kommen, um gestreichelt zu werden.

Sie sind Wegbegleiter, Trostspender und vermitteln Wärme und Ruhe und sind in all den Jahren zu geschätzten Kolleginnen auf vier Pfoten auf dieser Palliativstation geworden.

Und manchmal, ja manchmal können sie sogar das Versterben eines Patienten etwas erleichtern…❤

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